Teamentwicklung wie die Weltmeister

Segeln ist spannend für die Teamentwicklung. Auch das deutsche Weltmeisterteam hat in Brasilien ein Teambuilding unter Segeln durchgeführt. Aber Teambildungsmaßnahmen sind nicht immer sinnvoll. Es kommt darauf an, in welcher Phase sich das Team befindet.

Die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren hat im Sommer 2014 einen Traum wahr werden lassen. Weltmeister! Und das in Brasilien. Zum ersten Mal hat es eine europäische Mannschaft geschafft, in Südamerika die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Der Weg dorthin war geprägt von einer sensationellen Teamleistung, in der alle Spieler an einem Strang gezogen haben und sich unabhängig von ihrer Position für das gemeinsame Ziel eingesetzt haben.

Wie ist es Jogi Löw und seinem Betreuerstab gelungen, die vielen Individualisten und starken Charaktere der deutschen Spitzenfußballer, die im Liga-Alltag in Konkurrenz zueinander stehen, so zusammen zu schweißen? Und wie konnten die Spieler, die in letzter Sekunde noch ins Team berufen wurden, weil es verletzungsbedingte Ausfälle gab, in dieses Team integriert werden? Eine Schlüsselrolle dabei hat wohl das WM-Quartier in Campo Bahia gespielt. Hier haben die Spieler in Wohngemeinschaften gewohnt, mit viel Platz für ungezwungene Kommunikation, aber auch mit Rückzugsmöglichkeiten. „Offensichtliches Teambuilding, wie sich fallen und vom Partner auffangen lassen, ist außer Mode“, sagt der Psychologe Arno Schimpf, der als Coach verschiedene Spitzensportteams und Unternehmen wie SAP oder Mercedes berät. Er plädiert stattdessen für Abwechslung, die Spaß und Genuss in den Vordergrund stellt, „gerade bei Projektarbeiten, bei denen Mitarbeiter viel aufeinander hocken.“

Und so kam es, dass die Fußballer einige Stunden auf einer Segelyacht verbracht haben. Nicht irgendeine Yacht, sondern die riesige Segelyacht Pangaea des südafrikanischen Abenteurers Mike Horn. Segeln ist für Mike Horn eine besondere Teambuilding-Maßnahme, auch für Profi-Fußballer: „Sailing will always be an amazing teambuilding exercise simply because not a lot of professional footballers have an opportunity to personally lift up a sail thats 40 metres high.“ Und die Jungs waren auch ziemlich beeindruckt. Mertesacker: „Das Segel hochzufahren war wirklich eine aufregende Sache für alle. War so ein bisschen Teamwork aber auch jeder einzelne musste alles geben.“ Und Hövedes ergänzt: „Hier ist ja Teamgeist absolut gefragt. Wenn man an der Kurbel ist, dann muss man als Team funktionieren.“

Das Segeln ist für die Fußballer faszinierend. Das wird im Video sehr deutlich. Interessant ist vor allem, welche gedanklichen Transferleistungen bereits durch den relativ kurzen Aufenthalt an Bord und trotz der überschaubaren Aufgabe (Segel setzen) bei den Spielern in Gang gesetzt wurden: „Das Wichtigste ist, dass wir einander vertrauen und [uns] gegenseitig respektieren“, sagt Schweinsteiger. Und Hummels betont, wie wichtig es ist, dass nicht „Gräben zwischen einzelnen entstehen, sondern dass man da als Mannschaft zusammensteht und den anderen auch Fehler verzeiht. Und nicht böse ist wenn mal was falsch läuft.“ Das sieht er als wesentlich für ein Team an.

Teambuilding oder Teamentwicklung?

Apropos „Teambuilding“: Eigentlich trifft es den Kern der Sache besser, beim Segeln von einer Teamentwicklungsmaßnahme zu sprechen. Es ist ja nicht so, dass ein paar fremde Menschen auf einem Boot zusammenkommen, gemeinsam zwei oder drei Tage segeln, sich daraus dann ein Team „bildet“ und damit alle Fragen der Zusammenarbeit geklärt sind. Teams entwickeln sich. Dabei durchlaufen sie verschiedene Phasen. Teamentwicklungsmaßnahmen wie Segeln sind je nach Phase mehr oder weniger sinnvoll.

Schauen wir uns dazu diese Phasen einmal genauer an. Gängig ist es (in Anlehnung an Bruce Tuckman), vier aufeinanderfolgende Phasen der Teamentwicklung zu unterscheiden: Forming, Storming, Norming und Performing.

Phase 1: Forming (Orientierungsphase)

Zu Beginn der Zusammenarbeit in einem Team lernen sich die Teammitglieder gegenseitig kennen. Es herrscht noch Unsicherheit über die Regeln im Team, über die Fähigkeiten und Eigenarten der Kollegen. Vorsichtig wird versucht, Räume und Grenzen auszuloten. Ziele für das Team sind möglicherweise schon formal definiert aber noch nicht verinnerlicht. Und der Weg zur gemeinsamen Zielerreichung ist unklar. In dieser Phase ist es hilfreich, das Kennenlernen zu unterstützen. Und eine Basis der Zusammenarbeit durch das gemeinsame Erarbeiten von Regeln („So wollen wir als Team zusammenarbeiten!“) zu schaffen.

Segeln als Team ist in dieser Phase eine ideale Maßnahme, um Fähigkeiten und persönliche Eigenheiten der Teammitglieder kennen zu lernen. Ergänzend bietet es sich an, sich in einem Workshop an Bord über die persönlichen Vorstellungen und Ideale von Teamarbeit auszutauschen und gemeinsame Grundregeln zu verabschieden.

Phase 2: Storming (Konfrontationsphase)

Die anfängliche Fremdheit ist überwunden. Und damit schwindet auch die höfliche Zurückhaltung gegenüber den Teamkolleginnen und Kollegen. Es kommt zu Konflikten. Hierarchien (auch und gerade informelle) bilden sich heraus oder werden in Frage gestellt. Es bilden sich Cliquen. Es wirkt manchmal so, als ob das Team auseinander bricht. Aber am Ende mancher Konflikte herrscht auch Einigkeit über einzelne Aspekte der Arbeitsorganisation und der täglichen Zusammenarbeit. Jetzt ist die Teamleitung besonders gefragt. Sie setzt sich für Konfliktlösungen ein. Sie macht klar, dass Rückschläge in dieser Phase normal sind – und dass jedes erfolgreiche Team diese Storming Phase durchlaufen hat. Die Teamleitung sorgt dafür, dass die ersten kleinen Erfolge gebührend gefeiert werden und ermutigt das Team, nicht aufzugeben.

Diese Phase erfordert von der Teamleitung besondere Aufmerksamkeit, täglich und in der Regel auch über einen gewissen Zeitraum hinweg. Immer wieder wird irgendwo eine neue Baustelle auftreten, die eine Reaktion erfordert. In dieser konfliktbeladenen Phase ist eine externe Teambuildingmaßnahme eher hinderlich, eventuell sogar kontraproduktiv. Die Teamleitung tut stattdessen gut daran, sich vor Ort den Konflikten zu stellen und konstruktive Lösungen herbei zu führen. Führung ist gefragt!

Phase 3: Norming (Kooperationsphase)

Irgendwann glätten sich die Wogen. Alle haben ihren Platz gefunden. Es herrscht Einigkeit darüber, wie Prozesse ablaufen und wer in welcher Situation das Sagen hat. Es wurde erkannt und ist akzeptiert, dass die individuell unterschiedlichen Fähigkeiten der einzelnen Teammitglieder alle auf ihre Weise zum Teamerfolg beitragen. Es wird nicht mehr gegeneinander, sondern zusammen gearbeitet. Die eigentliche Aufgabe des Teams rückt in den Fokus.

Das nun aufkommende Wir-Gefühl wird durch gemeinsames Segeln als Team unterstützt. Ein gemeinsames Segelabenteuer ist in dieser Phase auch Belohnung für das Team, das die Storming-Phase hinter sich gelassen hat. Und es ist eine gute Gelegenheit, in ungezwungener Atmosphäre in einem Workshop an Bord fernab vom Büroalltag den Blick über die Teamgrenzen hinaus für das Ganze (Unternehmen) zu schärfen.

So befindet sich das Team nun auf dem besten Weg zu …

Phase 4: Performing (Wachstumsphase)

Das Team arbeitet erfolgreich zusammen. Die Prozesse und Abläufe sind aufeinander abgestimmt und laufen weitestgehend reibungslos. Das Team verfolgt gemeinsame Ziele, die es auch erreicht. Es herrscht ein Klima der gegenseitigen Wertschätzung und Kooperation. Diese Phase wird auch deshalb Wachstumsphase genannt, weil Erfolg in einem Team häufig Wachstum (des Teams) nach sich zieht. Damit entstehen neue Herausforderungen. Einzelne Teammitglieder werden Gruppenleiter und übernehmen (häufig erstmalig) Führungsaufgaben.

Wie sich Führen anfühlt und welche Fallstricke eine Führungsaufgabe mit sich bringt, lässt sich bei einem Führungskräftetraining an Bord einer Segelyacht hautnah erleben. Auch hier gilt, dass ein oder zwei Segeltage nicht die perfekte Führungskraft schmieden. Vielmehr geht es darum, die persönlichen Fähigkeiten und Defizite zu erkennen, einzuordnen und daraus den Weg für die weitere Entwicklung als Führungskraft abzuleiten.

Segeln als Teambuilding?

Natürlich! Aber es kommt darauf an, in welcher Phase sich das Team gerade befindet. Und welche inhaltlichen Schwerpunkte beim Bordalltag gesetzt werden.

Segeln im Team ist keine gute Idee, wenn im Team Konflikte herrschen und Führung gefragt ist. „Teams werden im Alltag geformt, nicht durch Teambildungsmaßnahmen“, sagt Bianca Fuhrmann (zu Recht) in ihrem Blog. Teambuilding-Maßnahmen taugen generell nicht als Ersatz für mangelnde Führungsfähigkeit. Im Gegenteil. Sie werden womöglich als Ausweichmanöver entlarvt und machen die Probleme damit eher noch schlimmer.

Aber zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Konstellation und mit klar definierten Entwicklungszielen fördert Segeln die Entwicklung und die Performance des Teams. Durch gemeinsames Erleben. Durch Nähe. Gegenseitiges Vertrauen. Und durch erfahrene Wertschätzung. Das alleine macht das Team noch nicht zu Weltmeistern. Aber es werden solide Bausteine im Fundament erfolgreicher Teamarbeit geschaffen.


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    Zu diesem Artikel haben mich folgende Quellen inspiriert: