Nach einem theoretischen Vorbereitungskurs im Januar und zwei Wochen intensivem Segeln Ende März im Solent habe ich am 28.3.2014 erfolgreich die Prüfung zum RYA Yachtmaster Offshore abgelegt. Hierarchisch ist der Yachtmaster in etwa mit dem deutschen SportSeeSchifferschein (SSS) zu vergleichen. Thematisch gibt es ein paar kleinere Abweichungen. Die Prüfung unterscheidet sich allerdings erheblich.

Die Voraussetzungen für den RYA Yachtmaster Offshore

  • Qualifying Seatime: Um den RYA (Royal Yachting Association) Yachtmaster Offshore zu erwerben, muss man mindestens 50 Tage auf See und 2.500 Seemeilen nachweisen. Mindestens 5 Passagen über 60 Meilen müssen darunter sein, davon mindestens 2 als Skipper und mindestens 2 Passagen mit Nachtfahrten. Insgesamt muss man mindestens 5 Tage als Skipper nachweisen. Mindestens die Hälfte der Qualifying Seatime muss in Tidengewässern stattgefunden haben. Als solche gelten die Nordsee, der Nordatlantik (bis zu den Kanaren), aber nicht das Mittelmeer, die Ostsee oder die Karibik.
  • Sonstige Voraussetzungen: Das SRC-Funkzeugnis (oder ein höheres) und ein vom RYA anerkanntes Erste Hilfe Zertifikat.

Die praktische Prüfung an Bord einer Yacht dauert bei einem Prüfling 8-12 Stunden, bei zwei Prüflingen 10-18 Stunden. In der Prüfung wird vor allem Wert auf die seemännischen Fähigkeiten des Prüflings gelegt: Competence und confidence! Es kommt dabei nicht so sehr darauf an, bestimmte Manöver nach genau festgelegten Standards zu beherrschen. Wichtiger ist es, die gestellten Aufgaben souverän zu lösen. Nicht zwingend immer auf Anhieb, aber mit Selbstsicherheit und ohne die Kontrolle über die Situation, das Schiff und die Crew zu verlieren.

Die Ausbildung

Ich habe die theoretische und praktische Ausbildung bei der Yacht-Skipper Akademie von Bernd Reese gemacht. Beides ist prinzipiell keine Voraussetzung, um sich prüfen zu lassen. Es gibt auch britische Anbieter, die günstigere einwöchige Praxiskurse mit abschließender Prüfung anbieten. Und man kann sich auch auf der eigenen Yacht prüfen lassen.

Dennoch war das eine gute Entscheidung. Im vorbereitenden Theorieseminar in Essen in überwiegend englischer Sprache wurden vor allem die Grundlagen der Gezeitennavigation und deren Anwendung auf Basis des britischen Reeds Almanach vertieft. In der Kursgebühr enthalten war auch ein Exemplar des RYA Yachtmaster Handbook und ein „Portland Course Plotter“, dessen Gebrauch so einfach ist, dass man sich fragt, warum man sich jahrelang mit Kurs- und Anlegedreieck abgegeben hat. Außerdem fand an einem Tag der englischsprachige Erste Hilfe Kurs statt.

Der Praxiskurs dauerte zwei Wochen und fand im südenglischen Solent statt. Ein ideales Revier, um alles zu lernen und zu üben, was für den Yachtmaster wichtig ist.

Mit 4 Teilnehmern plus Skipper (Bernd) haben wir uns eine Benetau Oceanis 37 geteilt. Die segelte sehr ordentlich und ließ sich gut manövrieren. In der ersten Woche ging es teilweise ganz schön zur Sache. Aufbruch morgens zwischen 0900 und 1000 Uhr. Nicht selten haben wir erst sehr spät am Abend an irgendeinem Steg festgemacht. Das Wetter hat (abgesehen von einem handfesten Sturm) alles gegeben: Sonne, Regen, Hagel, Wind von 2-7 und an einem Morgen Eis auf dem Vorschiff. Oder wie Bernd zu jeder Wetterlage immer wieder betonte: „Perfect conditions!“

das wetter im solent
Eben noch Sonne. Jetzt zieht ein Hagelschauer auf.

Die Highlights

Navigation bei Nacht und Orientierung an den befeuerten Tonnen und Landmarken

Für sich genommen noch nicht so schwierig. Spannend wird es, wenn es darum geht, unbeleuchtete Objekte zu finden (aber nicht zu rammen). Selbstverständlich ohne GPS und Kartenplotter. Besonders spannend war die Aufgabe, als Navigator nur achteraus sehen zu dürfen (in einem Winkel von nicht mehr als 180°) und dem Steuermann nur Ansagen wie „Jetzt etwas nach Steuerbord, jetzt 10 Grad nach Backbord“, aber keine konkreten Steuerkurse zu geben.

Navigation bei Nebel (Blind Navigation)

Der Navigator sitzt unter Deck und nutzt die Informationen zu Kurs durchs Wasser, Geschwindigkeit durchs Wasser, Zeit und Tiefe, um ein Objekt oder eine Hafeneinfahrt zu finden. Die Crew an Deck setzt die Vorgaben um. Gemeldet wird nur, was sich in unmittelbarer Sichtnähe befindet („There is something red close to starboard ahead.“). Eine echte Herausforderung.

blind navigation
Blind Navigation: Wo sind wir bloß gerade?

Ansteuerung von unbetonnten oder unbefeuerten, zum Teil auch trockenfallenden Fahrwassern und dahinter liegenden Flüssen.

Bei Tag und vor allem bei Nacht. Herzklopfen inklusive.

Mann-über-Bord-Manöver unter Segeln und Maschine

Alternativ zu den in Deutschland praktizierten Manövern.

Festmachen an Muring-Tonnen bei Wind und Strom unter Segeln und Maschine.

Immer schön gegen den Strom und am einfachsten unter Segeln mit Wind gegen Strom. Wer hätte das gedacht?

Logbuch des Prüfungstages

Christian und ich werden geprüft. John, der Prüfer („Examiner“), kommt um 0900 an Bord. Erstmal Papierkram. Wer hat wie viele Meilen? Nachtfahrten? Tidengewässer? Ich liege mit > 10.000 Meilen als Skipper meilenweit über allen Limits :-). Kein Problem also.

Christian legt als erster ab und an der Tankstelle gleich wieder an. Dann wieder ablegen, bei Wind, der uns auf den Steg drückt. Und wieder anlegen auf der anderen Seite bei Gegenwind. Dann bin ich an der Reihe. Gleiche Situationen, gute Manöver.

Unter Segeln geht es nach Cowes. Es regnet und hagelt, aber in Richtung Cowes wird es heller. Christian ist Skipper, fährt zwischendurch zwei perfekte Mann-Über-Bord-Manöver (unter Motor und unter Segeln). Dann kreuzen wir gegen Wind und Strom den River Medina in Cowes nach Süden bis zum Anleger nach der Kettenfähre. Christian legt unter Segeln an. Mittagspause.

Nun bin ich an der Reihe. Zunächst Aufnehmen einer Muring unter Motor. Danach segeln wir ein Dreieck und die Muring wird unter Segeln aufgenommen. Beides klappt – wenn auch unter Segeln erst beim zweiten Anlauf. Danach ist Christian dran. Auch er bringt das Boot zweimal an die Muring.

Es geht weiter in Richtung Portsmouth. Ich lege eine Route fest und wir segeln los. Auch ich darf zwei MOB-Manöver zeigen. Beide klappen auf Anhieb. Plötzlich: FOG! Also nicht wirklich, denn die Sonne ist mittlerweile herausgekommen. Aber der Prüfer möchte sehen, wie ich unter Deck sitzend nur mit Informationen zum gesteuerten Kurs, zur Geschwindigkeit und zur Wassertiefe eine bestimmte Fahrwassertonne finde, die noch ein gutes Stück entfernt liegt. Ich gebe vom Kartentisch aus Anweisungen, die Crew steuert das Boot entsprechend. Nach etwa 30 Minuten haben wir die Tonne erreicht. Puh!

In Portsmouth soll ich unter Segeln anlegen. Gar nicht so leicht, wenn fast kein Wind mehr da ist, der das Boot aufstoppen könnte. Aber nur nicht aus der Ruhe bringen lassen. Hauptsache, alles bleibt unter Kontrolle. Irgendwann liegen wir fest am Steg. Skipperwechsel!

Christian hat die Aufgabe, uns nach Bembridge am Ostende der Isle of Wight zu bringen. Keine leichte Aufgabe, denn das Fahrwasser und der Hafen sind sehr flach. Außerdem wird es dunkel und die Tonnen des Fahrwassers sind nicht befeuert. Und der Strom läuft quer dazu …

Mit einem Mann mit Taschenlampe auf dem Vorschiff und langsamer Fahrt tasten wir uns durch. Mit viel Herzklopfen schaffen wir auch diese Aufgabe.

In Bembridge wird gekocht. Zeitfenster: 60 Minuten! Cooking against the tide. Wir müssen rechtzeitig wieder raus, weil es sonst zu flach wird. Ich bin wieder Skipper.

Die Ausfahrt aus Bembridge wird mit weniger Herzklopfen begleitet. Wir haben einen halben Meter mehr Wasser und außerdem waren wir hier ja gerade erst. Ziel ist nun die Port Hamble Marina, unser Ausgangshafen. Leider können wir nicht mehr Segeln. Der Wind ist eingeschlafen. Unterwegs testet der Prüfer noch unser theoretisches Wissen: Kollisionsverhütungsregeln, Wetterkunde, Tidennavigation. Er lässt uns sogar noch einen Knoten machen …

Gegen 2400 Uhr machen wir in Port Hamble fest. Bernd, unser Ausbilder, kommt an Bord und hat eine Flasche Sekt dabei. Wir haben beide bestanden! Kommentar des Prüfers: „Excellent seamanship!“

Von nun an dürfen wir uns RYA Yachtmaster Offshore nennen.

protege
SY Protege. Die Oceanis 37, auf der wir unseren Yachtmaster gemacht haben.

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